Gebärdensprachen sind visuell-manuelle Sprachen, die natürlich entstanden sind. Gebärdensprachen bestehen neben Handzeichen aus Mimik und Körperhaltung. Sie verfügen über ein umfassendes Vokabular und eine eigenständige Grammatik, die grundlegend anderen Regeln folgt als die Grammatik gesprochener Sprachen. Gebärdensprachen sind ebenso komplex wie gesprochene Sprachen, auch wenn sie anders aufgebaut sind. Von der Sprachwissenschaft sind Gebärdensprachen als eigenständige, vollwertige Sprachen anerkannt.
In der Regel benutzen Gehörlose und stark schwerhörige Menschen in der Kommunikation untereinander Gebärdensprache, denn die Gebärdensprache ermöglicht Gehörlosen im Gegensatz zur Lautsprache eine entspannte und verlässliche Kommunikation.
Die Abkürzung DGS bedeutet Deutsche Gebärdensprache. Die DGS verfügt über ein eigenständiges und komplexes Sprachsystem, das sich in seiner Grammatik grundlegend von der Deutschen Laut- und Schriftsprache unterscheidet. Sie ist als vollwertige Sprache in Deutschland seit dem Jahr 2002 anerkannt.
Die DGS ist eine innerhalb der deutschen Gehörlosengemeinschaft gewachsene Sprache. Sie ist in ihrem Vokabular nicht bundesweit einheitlich, sondern verfügt über etliche Dialekte, vergleichbar mit der Deutschen Lautsprache (in Bayern spricht man z.B. anders als in Nordrhein Westfalen und gebärdet auch anders). Deshalb kann es in einigen Regionen Vokabeln geben, die in anderen nicht angewandt werden. Typisch hierfür sind sogenannte Idiome (= Redewendungen). Ein Grund für die starke Ausbildung von Dialekten in der Deutschen Gebärdensprache ist sicherlich, dass sie erst im Jahr 2002 offiziell anerkannt wurde. Ein weiterer Grund ist, dass die Deutsche Gebärdensprache lange in der Frühförderung und im Bildungsbereich verpönt war. So entwickelte sie sich meist erst im Verborgenen während Kindergarten- und Schulzeit ohne überregionalen Bezug und Austausch mit anderen Gleichaltrigen oder Erwachsenen.
Auch aus den oben genannten Gründen ist die Gebärdensprache nicht international. Wie die DGS über Dialekte verfügt, besitzt jedes Land seine eigene Gebärdensprache, in der sich auch regionale Dialekte entwickelt haben.
Trotzdem klappt die Verständigung auf internationaler Ebene in Gebärdensprache einigermaßen gut. In der Kommunikation mit Gehörlosen, die andere nationale Gebärdensprachen benutzen, verwenden Gehörlose „International Signs“. Dabei handelt es sich nicht um ein einheitliches System, wie bspw. „Gestuno“, das gebärdensprachlichen Pendant zur internationalen Lautsprache „Esperanto“. Die Kommunikation mittels „International Signs“ beruht zum größten Teil auf Wiederholungen, der Übernahme von Landesgebärden und dem Umschreiben von Gebärden und Sachverhalten. Die Kommunikation klappt daher zwar, aber dauert entsprechend länger.
Auf internationalen Kongressen bzw. Tagungen verständigen sich die Teilnehmer_innen somit mittels internationaler Gebärden oder über die vorhandenen Dolmetscher_innen.
Ja. Gebärdensprachen sind zwar visuelle Sprachen, aber sie sind keine Pantomime. Gebärdensprachen verfügen über eine eigene, vollständige Grammatik und konventionelle Zeichen. Man kann sehr wohl auch abstrakte Sachverhalte damit ausdrücken. Die Vollwertigkeit von Gebärdensprachen wurde im Zuge sprachwissenschaftlicher Forschungen bereits in den 1960er Jahren festgestellt. Trotzdem wurde die Gebärdensprache in Deutschland erst durch das Inkrafttreten des Behindertengleichstellungsgesetzes 2002 anerkannt.
Die Deutsche Gebärdensprache (DGS) ist ein eigenes Sprachsystem mit eigener Grammatik. Bei den Lautsprachbegleitenden Gebärden handelt es sich dagegen nicht um eine eigene Sprache, sondern lediglich um ein Kommunikationssystem, bei dem die Lautsprache unter Beibehaltung der Grammatik des Deutschen von einzelnen Gebärden begleitet wird.
Dinge sind immer von zwei Seiten zu betrachten. Es stimmt, dass die Zahl der Implantationen von CI’s steigt, jedoch auch, dass die Nachfrage nach DGS- Kursen enorm angestiegen ist. Auch wurde z.B. zum Wintersemester 2015/16 ein neuer Studiengang zum DGS-Dolmetschen an der Hochschule Landshut eröffnet, zum Wintersemester 2017/18 folgte die Universität Köln. Kinder wachsen zunehmend, durch eine bessere Öffentlichkeitsarbeit, bilingual auf. Aus diesen Gründen würden wir aus heutiger Sicht sagen, dass die Gebärdensprachen erhalten bleiben und verstärkt eingesetzt werden.
Das Fingeralphabet bildet mittels unterschiedlicher Handformen die Buchstaben des Alphabets ab. Es wird benutzt, um Wörter der Lautsprache zu buchstabieren. In der gebärdensprachlichen Kommunikation wird es überwiegend bei Eigennamen, Fremdwörtern und unbekannten Begriffen verwendet.
Fingeralphabete unterschiedlicher Gebärdensprachen finden Sie z.B. hier.
Nein. Das Fingeralphabet kann von Gebärdensprache zu Gebärdensprache verschieden sein, weil sich die Fingeralphabete überwiegend am Schriftbild der jeweiligen Lautsprache orientieren. Folgende Grundtypen gibt es:
- Einhand-Fingeralphabete (z.B. das deutsche oder amerikanische)
- Zwei-Hand-Fingeralphabete, (z.B. das britische), die größtenteils versuchen, die Buchstaben des jeweiligen Schriftalphabets mit Hilfe von ein- bzw. zweihändig ausgeführten Handformen zu visualisieren.
- Silben-Fingeralphabete, in denen ganze Silben nachbildet werden, da sie sich an Silbenschriften orientieren (z.B. das japanische oder thailändische Fingeralphabet).
- Ideogramm-Fingeralphabete, die Ideogramme der gesprochenen Sprache darstellen (z.B. das Chinesische Fingeralphabet)
Weit verbreitet ist jedoch ein internationales Fingeralphabet, das sich überwiegend am Fingeralphabet der USA orientiert. Das deutsche Fingeralphabet basiert auf diesem. Die Handformen des deutschen Fingeralphabets finden Sie hier.
Bücher, Videos und CD-ROMs über Gebärdensprache bieten eine gute Unterstützung, können aber Gebärdensprachkurse nicht ersetzen. Am besten übt man Gebärdensprache durch den Kontakt mit Gehörlosen.
Kurse können an den jeweiligen Volkshochschulen, Gebärdensprachschulen und an den Universitäten besucht werden. Mittels einer Nachfrage beim örtlich zuständigen Landesverband der Gehörlosen gelangen Sie zu einigen Adressen von DGS-Kursanbietern. Hier finden Sie eine Auflistung.
Bücher, Videos und CD-ROMs über Gebärdensprache bieten eine gute Unterstützung, können aber Gebärdensprachkurse nicht ersetzen. Am besten übt man Gebärdensprache durch den Kontakt mit Gehörlosen.
Wir haben Ihnen eine Linkliste mit Informationen zur Deutschen Gebärdensprache und Lernmaterialien zusammengestellt. Allerdings ist beim Erlernen der Gebärdensprache ähnlich wie bei anderen Fremdsprachen der direkte Kontakt zu den Benutzern sehr wichtig. Ein rein privates Lernen mit Büchern und am PC führt oft nicht zum erhofften Erfolg, da Gebärdensprache u.a. dreidimensional ist, Mimik und Gestik eine große Rolle spielen und die Grammatik sich von derjenigen der deutschen Laut- und Schriftsprache stark unterscheidet. Außerdem gibt es in der Gebärdensprache dialektale Unterschiede, die nicht auf jeder Lernsoftware zu finden sind. Insofern sollten Sie auf jeden Fall parallel zur Nutzung von Software oder Büchern einen Gebärdensprachkurs besuchen. Sollten Sie keinen Kurs in Ihrer Nähe finden (Volkshochschulen, Gehörlosenvereine usw.), können Sie sich gerne noch einmal an uns wenden.
Wir haben Ihnen ein paar Links zusammengestellt, unter denen Sie Materialien für Ihren Unterricht finden können.
- Beim Gebärdenmarkt erhalten Sie eine Auflistung von vorhandenen Medien.
- Bei der Aktion Mensch können Sie sich Materialien bestellen.
- Plakate des Deutschen Fingeralphabets finden Sie hier.
- Bei Signum-Verlag können Sie weitere Materialien bestellen.
- Bei dem Verlag Birgit Jacobsen können Sie Materialien bestellen.
- Im Online Shop des Karin Kestner Verlags finden Sie weitere Materialien.
- Das Projekt De-Sign Bilingual hat Materialien für den Unterricht in unterschiedlichen Gebärdensprachen entwickelt.
Zur Zeit gibt es keine Apps, die Gebärdensprachen übersetzen.
Im amerikanischen Raum gibt es eine Idee von Student_innen, welche einen Handschuh erfunden haben, der Gebärdensprache in Text übersetzt. Hier ist jedoch wichtig zu beachten, dass Gebärdensprache aus verschiedenen grammatikalischen Komponenten besteht. Dazu zählen unter anderem Körperhaltung, Mimik und Gestik. Diese werden bei dem Handschuh nicht berücksichtigt. Es ist, wie erwähnt, ein Versuch von amerikanischen Student_innen, Gebärdensprache zu verschriftlichen. Einen entsprechenden englischen Artikel finden Sie hier.
Die Deutsche Gebärdensprache (2020) in PDF lesen