Die Kulturpreisträger des
Kultur wird geschaffen durch die Mitglieder einer Gemeinschaft. Unsere Kulturpreisträger haben sich in besonderer Weise für die Gehörlosenkultur eingesetzt, für Gesellschaft, Sprache, Politik, Kunst, Sport und vieles mehr. Für ihr außergewöhnliches Engagement sind wir ihnen sehr dankbar.
Bei den 1. Deutschen Kulturtagen wurde Friedrich Waldow mit dem Kulturpreis geehrt. Friedrich Waldow wurde am 13. Januar in Stettin geboren. Er war der erste Schriftleiter der neu gegründeten Deutschen Gehörlosenzeitung (DGZ) und wurde später auch der Herausgeber der DGZ. Von 1951 bis 1974 war er außerdem der Schriftführer des DGB. Besonders lag ihm der Gehörlosensport am Herzen. Viele Jahre lang war er zunächst der Geschäftsführer des Deutschen Gehörlosen-Sportverbandes (DGS), dann der Präsident des DGS. Außerdem war er der 1. Vizepräsident des CISS. Für seinen Einsatz wurde Friedrich Waldow 1981 mit dem Bundesverdienstkreuz I. Klasse ausgezeichnet. Er verstarb am 31. Januar 2013 in Essen.
Der Pfarrer Heinz Weithaas bekam den zweiten Preis des Abends. Er machte Konfirmandenunterricht für Gehörlose und entwickelte einen gebärdeten, liturgischen Gottesdienstablauf. Heinz Weithaas arbeitete auch als Gehörlosenseelsorger. Eine außergewöhnliche Aufgabe hatte er in der Zeit der friedlichen Revolution bei den Montagsgebeten in der Nicolaikirche in Leipzig. Dort dolmetschte er die Gottesdienste in Gebärdensprache.
Den Sonderpreis erhielt Gerhard Schatzdorfer. Lange Zeit war er der Hauptautor von „Sehen statt Hören“, der einzigen Sendung in Deutschland, die sich regelmäßig mit wichtigen Themen für gehörlose und schwerhörige Zuschauer beschäftigt. Seit 2002 ist Gerhard Schatzdorfer leitender Redakteur der Sendung.
Der Künstler David Ludwig Bloch bekam einen Kulturpreis bei den 2. Kulturtagen. Er war Porzellanmaler, Maler und Grafiker. Am 25. März 1910 wurde David Ludwig Bloch in Floß geboren. Wegen seiner jüdischen Herkunft wurde er nach den Novemberpogromen von den Nationalsozialisten nach Dachau ins Konzentrationslager gebracht. 1940 konnte er jedoch nach Shanghai ausreisen und lebte später in New York. Künstlerisch beschäftigte er sich mit der unteren Gesellschaftsschicht in China. Nachdem er 1976 eine Reise nach Deutschland gemacht hatte, verarbeitete er besonders den Holocaust in seiner Kunst. Am 16. September 2002 starb David Ludwig Bloch in Barrytown (New York).
Der nächste Kulturpreis der 2. Kulturtage ging an eine ganze Gruppe: Siegmund Prillwitz (Sprachwissenschaftler und Begründer des Instituts für Deutsche Gebärdensprache und Kommunikation Gehörloser der Universität Hamburg) und seine Mitarbeiter Alexander von Meyenn (Lektor an der Universität Hamburg), Heiko Zienert (1. DGS-Dozent in Deutschland), Wolfgang Schmidt (Sozialpädagoge an der Hamburger Gehörlosenschule in Hamburg) sowie
Regina Leven (Gebärdensprachdolmetscherin) und Bernd Rehling (Gründer von Taubenschlag.de). Sie waren die ersten Gebärdensprach-Forscher Deutschlands. Sie entdeckten die eigenständige Struktur und Grammatik der Deutschen Gebärdensprache, prägten den Begriff DGS und steigerten somit das Selbstbewusstsein der Gehörlosen.
Die Regisseurin und Drehbuchautorin Caroline Link erhielt den an diesem Abend den Sonderpreis. Am 2. Juni 1964 wurde sie in Bad Nauheim geboren. 1996 kam ihr Film „Jenseits der Stille“ in die Kinos. Der sehr erfolgreiche Film wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit zwei Deutschen Filmpreisen, und für einen Oscar nominiert.
Den ersten Preis der 3. Deutschen Kulturtage der Gehörlosen wurde Gertrud Mally überreicht. Die Münchnerin war die erste Gehörlose in Deutschland, die Gebärdensprache an der Volkshochschule unterrichtete. Außerdem erstellte sie die Buch- und Videoreihe „Münchner Dialekt“. 1984 organisierte sie das erste Kommunikationsforum (Kofo) in Deutschland. Dort wurden Vorträge gehalten, Diskussionen geführt und das Selbstbewusstsein der Gehörlosen gestärkt. Zusammen mit anderen Gehörlosen und Hörenden gründete Gertrud Mally ein Jahr später auch die Zeitschrift „Selbstbewusst werden“.
Gunter Puttrich-Reignard (geb. Gunter Trube) durfte sich ebenfalls über einen Preis freuen. Er wurde 1960 in München geboren, lebte jedoch lange in Hamburg und Berlin. Unter anderem nahm er an den Weltspielen der Gehörlosen teil und war in der Theaterwelt sehr aktiv. Besonders setzte er sich für homosexuelle Gehörlose ein und klärte über Aids auf, zum Beispiel mit einer Aids-Broschüre. Er selbst gewann den Wettbewerb „The best Drag Queen of the Deaf“. 2008 verstarb Gunter Puttrich-Reignard.
Im Jahr 2003 wurde der SPD-Politiker Karl Hermann Haack mit dem Kulturpreis ausgezeichnet. Karl Hermann Haack wurde am 17. Februar 1940 in Exertal-Bösingfeld (Landkreis Lippe) geboren. Von 1998 bis 2005 war er Beauftragter der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen und von 2005 bis 2009 Präsident des Deutschen Behindertensportverbands (DBS).
Ein Kulturpreis ging in diesem Jahr an Dr. Ulrich Hase. Er ist gelernter Jurist und Lehrer für Menschen mit Hörschädigung. Von 1989 bis 1999 war er der Präsident des DGB. Aktuell ist er Landesbeauftragter für Menschen mit Behinderung in Schleswig-Holstein und der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft der Hörgeschädigten-Selbsthilfe und -Fachverbände e. V. Vor allem kämpfte er für die Anerkennung der Gebärdensprache und bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen für Gehörlose.
Auch der Historiker Jochen Muhs gewann einen Kulturpreis. Er lebte von 1942 bis 2010. Jochen Muhs setzte sich im Sport, in der Kulturpolitik und der Deaf History ein und förderte so die Gehörlosenkultur. Unter anderem veranstaltete er Gebärdensprach-Festivals, hielt Vorträge und gründete 1996 den Verein Deaf History Deutschland.
Dieter Fricke, der seit 1966 als Künstler tätig ist, war der nächste Preisträger der 4. Kulturtage. Er wurde am 3. November 1943 in Borken geboren. Künstlerisch beschäftigte er sich vorrangig mit Motiven aus der Welt der Gehörlosen und schuf Skulpturen, Fotografien, Videos, Radierungen und andere Werke. Auf diese Weise konnte er sich aus der Isolation befreien, in der er sich aufgrund seiner Gehörlosigkeit befand, und mit seinen Mitmenschen visuell kommunizieren.
Der Pantomime und Schauspieler Kurt Eisenblätter wurde ebenfalls mit dem Kulturpreis ausgezeichnet. Am 3. Februar 1929 wurde er in Berlin geboren. Er war Mitglied des Deutschen Gehörlosentheaters (DGT) und gründete die Berliner Laienspielgruppe, mit der er beim Weltkongress der Gehörlosen auftrat und viele internationale Erfolge feierte. Später entwickelte sich die Gruppe zum Pantomimen-Ensemble, mit der Kurt Eisenblätter den Jean G. Deburau Preis gewann.
Auch Volkmar Jaeger, der am 2. Februar 1928 in Leipzig geboren wurde, erhielt den Preis für sein Engagement für die Gehörlosenkultur. Der Fotograf arbeitete bis zum Mauerbau mit den Gruppen „action fotografie“ und „gruppe“. Er fotografierte die Leipziger Montagsdemonstrationen und organisierte Ausstellungen, wie zum Beispiel auf dem Internationalen Foto- und Filmfestival der Gehörlosen in Bulgarien und dem Deutschen Kunstfestival der Gehörlosen.
Der Maler und Restaurator Albert Fischer, der sich Fise nannte, lebte von 1940 bis 2003. Posthum wurde er mit dem Kulturpreis geehrt. Er war ein Mitglied der Künstlervereinigung Fürstenfeldbruck und stellte seine Werke in ganz Deutschland aus. Albert Fischer kämpfte aber auch politisch für die Selbstbestimmung der Gehörlosen, indem er beispielsweise Zeitungsartikel verfasste und an Podiumsdiskussionen teilnahm.
Liisa Kauppinen half bei der Erarbeitung der UN-Behindertenrechtskonvention. Dafür erhielt sie als erste Gehörlose überhaupt den UN-Menschenrechtspreis. Auch bei den 5. Deutschen Kulturtagen wurde sie ausgezeichnet. Viele Jahre arbeitete sie bei der World Federation of the Deaf (WFD) und ist heute die Ehrenpräsidentin des Weltverbandes. Zudem war sie lange Zeit die geschäftsführende Direktorin des Finnischen Gehörlosenbundes.
Gerlinde Gerkens, die ehemalige Frauenbeauftragte des DGB, erhielt ebenfalls einen Kulturpreis. Sie wurde am 1. Juli 1945 in Hamm geboren. Gerlinde Gerkens engagierte sich, außer im DGB, unter anderem auch im Gehörlosen-Verband Schleswig-Holstein und im Kieler Gehörlosen-Verein. Sie setzte sich besonders für die Anerkennung der DGS und für Chancengleichheit gehörloser Menschen in Gesellschaft und Politik ein, aber auch für die Deutsche Gehörlosen-Jugend (DGJ) und das Deutsche Gehörlosen-Theater (DGT).
Den dritten Preis der 5. Kulturtage erhielt Käthe George. Sie wurde am 10. April 1934 in Bremen geboren. Bei den Weltspielen der Gehörlosen wurde sie 1953 Weltmeisterin mit der belgischen Basketball-Mannschaft. Viele Jahre lang war sie auch Präsidiumsmitglied im DGB und ist heute unter anderem Ehrenvorsitzende des Bremer Landesverbandes für Gehörlose, Botschafterin der Beratungsstelle Hand zu Hand e. V. und Ehrenmitglied des Deutschen Gehörlosen-Sportverbandes (DGS).